Der karināyaka im Affengehege – Bilder in der Systemischen Therapie von ADHS

Mit Bildern arbeiten.

Die Systemische Therapie arbeitet gern mit Bildern. ADHSler haben häufig eine ausgeprägte Fähigkeit zur Imagination und gerade ihnen hilft es oft, mit Bildern zu arbeiten. Eine Frau mit ADHS verglich mal ihre vielen Gedanken und Ideen mit Seifenblasen. Sie würde dann versuchen, diese Seifenblasen zu größeren zusammenzuführen, wie viele kleine Regentropfen an einer Scheibe zu einer großen zusammenfließen können. Und dann könnte sie die vielen Gedanken besser händeln, weil alles etwas geordneter in ihrem Gehirn sei.

Auch mir helfen Bilder:
Ich stelle mir meine ADHS immer mehr wie eine liebgewonnene Horde Affen vor, die in meinem Gehirn, zwischen Amygdala, Hippocampus und Präfrontalen Cortex herumturnen[ Neurologen mögen mir die sehr grobe und damit fehlerhafte Verneinfachung verzeihen, um das Bild plastisch werden zu lassen.] und ein Riesenchaos im Funkverkehr anrichten. Es sind auch so einige Brüllaffen dazwischen, einige machen anderen Blödsinn.
Ich habe nun einen Wärter eingestellt, der die Rasselbande versucht, etwas in Zaum zu halten. Er agiert nicht gegen sie, sondern hat die Aufgabe, liebevoll auf sie einzuwirken. Weg von den für uns ADHSlern typischen Selbstvorwürfen, Selbstanschuldigungen und der Selbstbeschimpfung, wie doof man denn sei, warum man es denn schon wieder nicht auf die Reihe bekommen habe, ob man wirklich so lebensunfähig sein könne…
Mit der Vorstellung der Affen kam auch die Erkenntnis, dass ich zwar alles rational durchdenke, zerdenke, bewerte, kritisch durchleuchte und in Frage stelle, dennoch aber dauernd impulsiv handele. Der Wärter steht da und versucht, Einfluß auf die Horde zu nehmen, redet auf die Affen ein, versucht sie zu zwingen, mit logischen Argumenten zu überzeugen, mit Belohnungen zu locken. aber hat überhaupt keine Autorität und je mehr er versucht, welche zu haben, um so weniger funktioniert. Dieser Wärter ist meine Ratio.

Ratio, Gefühle, Impulsivität gesteuert durch Emotionen

Es klafft eine Riesenlücke zwischen rationalem Denken und impulsiven Handeln. Ich grübele eine halbe Ewigkeiten über Entscheidungen nach, wäge das Für und Wider immer wieder ab, um am Ende völlig impulsiv eine völlig andere Entscheidung zu treffen, die ich vorher überhaupt nicht in Betracht gezogen haben, die völlig bekloppt ist und wo sich mein gesamtes Umfeld fragt: “Jetzt hat sie doch so lange logisch und ausführlich über ihre Entscheidung nachgedacht – wieso handelt sie nun plötzlich völlig bescheuert?!”Mein ganzes rationales Zerdenken hat keinen Einfluß auf mein darauf folgendes impulsives Handeln. Das muss man sich einfach erstmal klar machen. Dieses immense Widersprüchlichkeit mögen viele meiner Leidesgenossen kennen.

Der u.a. planen und ordnen wollende Cortex streng sich schon enorm an. Dadurch, dass er die Affenbande aber so gar nicht im Griff hat, er sich auf den korrekten Funkverkehr von der Amygdala und dem Hippocampus nicht verlassen kann, versucht er sich in zum Wahnsinn gesteigerten rationalem Denken. Das ist einer der Gründe für den Grübelzwang vieler ADHSler (nicht der einzige, ein weiterer wäre zum Beispiel die Unfähigkeit, sich die Zukunft wirklich vorstellen zu können). Das übermäßige Nachdenken hat (oft erfolglose) Kompensationsnatur, um die Emotionen zu kontrollieren. Dabei setzt er aber oft fälschlich nicht bei den Emotionen an, sondern bei den Gefühlen (ich lehne mich hier an an die Unterscheidung von Emotion und Gefühl, wie es Antonio Damasio, der bekannte Neurophysiologe, es versteht).[ Ganz kurz erklärt: Gefühle sind komplex und dauerhafter. Liebe ist ein komplexes Gefühl, Hass, Unsicherheit… Emotionen sind einfach, kurzlebig, ploppen als Reaktion auf: Angst, Wut, Panik, sexuelle Begierde, .. Oft mit vegetativen Symptomen verbunden. Die Emotionen sind Grundvoraussetzung für Gefühle und gehen dem voraus. Gefühl ist quasi die Übersetzung des Emotionen, die das Gehirn vornimmt. Am ENDE des Artikels gehe ich noch mal ausführlich auf den Unterschied zwischen Gefühl und Emotion ein. Für einen ADHSler macht es Sinn, da einen Unterschied zu machen.] Das ist nicht immer ganz leicht zu unterscheiden und schon gar nicht, wenn einem eine Horde Affen ununterbrochen in die Ohren brüllt. Der Cortex kontrolliert dann fleißig die Gefühle, aber alles wird dann doch von Emotionen beherrscht, die ihm alle durch die Lappen gehen. Er unterdrückt Gefühle, während Emotionen das Handeln bestimmen. Das ist ein Riesenmissverständnis von Seiten meines Cortex’. Anstatt bei den Affen Ruhe zu schaffen, verjagt er die Gefühls-Erdmännchen, die sich gar nicht mehr aus ihren unterirdischen Bäuen heraustrauen. Aber nicht nur wegen des sie fälschlich bestrafenden Cortex’, sondern auch wegen der verrückten Affenbande. Sie lassen sich von ihnen beeindrucken, merken gar nicht, dass die Affen eigentlich nur Theater und die Dramaqueen spielen. Viel Geschrei um nichts. Da Erdmännchen sensibel sind, als Gefühle nicht selbst rational durchschauen und entscheiden können, sausen sie immer wieder erschreckt mit Warnrufen ins Unterirdische zurück und bauen da fleißig und unerkannt ihre Gänge weiter. Meist in Form von unterdrückten Leiden. Viele ADHSler sind oft eine Dramaqueen, aber stellen sich selten ihrem Schmerz und vermeiden das Leiden. Bloß nichts an die Oberfläche kommen lassen.

Affen gegen Erdmännchen

Würden sich die impulsiven, konzentrationskillenden Affen etwas gesitteter und weniger krakelend-agitiert benehmen, würden sich vermutlich die Erdmännchen auch wieder öfter an die Oberfläche trauen und könnten den Cortex in seiner angestrengten Rationalität entlasten. Der sitzt da ja wie ein an sich weiser Elefant, der aber völlig überlastet und machtlos ist. Alle Gehirnareale scheinen von den Affen durcheinandergebracht zu werden, die er eigentlich alle mitsteuern sollte. Da er die Affen aber nicht erwischt, weil die zu Hunderten durch den Gedankensalat purzeln, bekommen oft die Erdmännchen den ungerechtfertigten Segen ab. Er sieht den Wald halt vor lauter Bäumen nicht mehr, beziehungsweise das Chaos vor lauter Gedanken nicht mehr. Aber in einem System müssen alle zusammenarbeiten, nicht gegeneinander. Die gefühlvollen Erdmännchen haben genauso ihren Platz wie die impulsiven, ständig ablenkenden Affen und der schwer denkende Elefant.

Ich habe jetzt einen Kornak, einen karināyaka1 als systemischen Berater eingesetzt. Er ist jetzt instruiert worden und achtet jetzt etwas auf die Affen, überwacht den Funkverkehr und beruhigt die Erdmännchen und führt den Elefanten. Das äußert sich u.a., indem ich, wenn ich gerade impulsiv handeln will, einen inneren Gedankenstopp eingeführt habe und versuche, einen reality check zu machen. Wenn ich spüre, ich kann den nicht allein machen, weil den Verdacht hege, dass meine reality vermutlich vernebelt ist, frage ich vertrauensvolle Menschen in meiner Umgebung. Das funktioniert nicht immer, aber immer öfter. “Vertrauensvoll” meint, es sind Menschen, die auch zu einem Blick über den Tellerrand und zu verrückten Ideen in der Lage sind. Denn manche impulsiven ADHS Ideen sind ja auch mal Geniestreichs und die sollen natürlich nicht untergehen. Außerdem kann ich nur Ratschläge von Menschen annehmen, von denen ich weiß, die können auch ohne ADHS groß und ungewöhnlich denken – nur eben realistischer.

Mein karināyaka soll die Affenbande liebevoll überwachen, sie sind ja nicht böse, aber sie werden eben nie erwachsen, bleiben immer Kinder. Und ich glaube, auch das ist ein typischer Zug, den einem die ADHS verleiht: man wird irgendwie nie richtig erwachsen. Etwas in einem bleibt immer sehr stark Kind. Ich weiß, dass ich von denen, die mich besser und intimer kennen, oft so wahrgenommen werden. Es wird dann nett als “jung geblieben” beschrieben, aber eigentlich meint es wohl: “Du bist noch immer ein Kindskopf”. Und es fühlt sich für mich auch so an. Es fühlt sich für mich auch an, als würde ich nie erwachsen und werde bis ins hohe Alter ein Kindskopf bleiben – bis ich dann mal, an meinem Lebensende, plötzlich geistig degeneriert und wie ein blindes, uraltes Gorillamännchen paralysiert in der Ecke hocke und mich dement am Bauch kratze. In der Affenbande wird es dann plötzlich still werden. Ich stelle mir vor, dass der degenerative Altersprozess einen Affen nach dem anderen vom Baum schießen wird, bis das endgültige Sterben anklopft. Ich vermute -hoffe-, dass das plötzlich und schnell geht, mit den heruntergeschossenen Affen und dem baldigen Tod. Das gilt aber für mich und was ich bei einer nahen Angehörigen beobachtet habe. Das hat nichts empirisch, nicht mal epistemisches. Soviel ist aber zu vermuten: eine ADHS im hohen Alter kann wohl mit erhöhter Tendenz zu Altersdepressionen führen.

ADHS als Quell der Jugendlichkeit

Aber um es auch positiv zu beleuchten: vermutlich hält mich meine Affenbande im Kopf tatsächlich “jung”. Wenn ich mit Mitte 50 mit dem Mountainbike durch den Wald und Wildschweinsuhlen brettere, mit meinen Kindern über jeden Bullshit lache bis mir der Bauch schmerzt, ich in der Küche shuttle-dance mit Insta-reels lerne, ich noch gern auf Bäume klettere, ich mich auf Neues mit einer kindischen Begeisterung und Energie stürze, bei rührenden Szenen immer noch wie damals als Kind weine, dann liegt das sicher auch an meinem Affen.
Nur muss mein karināyaka den Affen die gefährlichen Spielzeuge wegnehmen. Auch die, für die ich wirklich zu alt bin – ich habe darum schweren Herzens verzichtet, mit meiner Tochter zusammen den Flugschein für den Gyrocopter zu machen2-, aber vor allem die, die Schaden anrichten. Dazu gehören in erster Linie Suchtmittel. Alkohol, Nikotin, Kaffee in rauen Mengen, Medikamente, Cannabis (die illegalen Drogen lasse ich mal aus der Liste), Zucker, auch Verhaltenssüchte wie Social Media, Computerspiele, Glücksspiele, Essen…. Leider fällt es gerade mit einer ADHS sehr schwer, sich bei süchtigmachenden Substanzen moderat und diszipliniert zu verhalten, was an dem Neurotransmitterhaushalt liegt und der mangelnden Impulskontrolle. Da werden auch eigentliche harmlose Verhalten oft sucht-problematisch: Im Hyperfokus lesen, fernsehgucken, basteln, einkaufen, Musik hören, Arbeitssucht (ja, auch die!). Es ist, als ob eine Sicherung durchbrennt und in Folge das (bei ADHS sowieso marode) Kontrollsystem Totalausfall hat.

Gefährliche Spielzeuge in Affenhänden

Für mich hieß das: Insta vom Handy löschen, nur noch erschwert über ein nicht immer parates anderes Endgerät zugänglich machen. Mein Abo auf der Partnerbörse kündigen. Mit dem Rauchen habe ich vor 27 Jahren aufgehört. Mit Speed vor 32 (dabei habe ich damit ganz super die ganze Bude aufgeräumt). Seit zwei Jahren trinke ich nur morgens eine Tasse Kaffee und den restlichen Tag koffeinfreien (funktioniert tatsächlich), seit ein paar Monaten verzichte ich komplett auf Alkohol. Ich unterdrücke oft meinen starken Impuls, schreiben zu wollen, weil dann für mich der Tag gelaufen ist. Wenn ich schreibe, schreibe ich, dann tue ich nichts anderes mehr, aber ich muss im Alltag funktionieren. Also fange ich gar nicht erst an, wenn ich an dem Tag noch irgendetwas anderes tun muss, und sei es, für zwei Stunden ins Büro fahren zu müssen. Ich MUSS dann durchschreiben, suchtartig.
Glücks- und Computerspiele langweiligen mich, egal, welche, deswegen habe ich damit kein Problem. Cannabis werde ich nicht mehr ausprobieren, auch wenn es jetzt legalisiert ist – dem Risiko setze ich mich nicht aus.

Es hilft mir, zu verstehen, warum ich so suchtanfällig bin und warum es mir so schwer fällt, mich da diszipliniert zu verhalten.

Um zum Bild zurückzukommen: den Affen müssen die Steinflitschen, die Stöcke, die Blasrohre, die Taschenmesser weggenommen werden. Ganz, denn einen erwachsenen Umgang damit können die Affen nicht pflegen. Der karināyaka läßt ihnen aber noch ganz viel anderes Spielzeug, nachdem er abgewogen hat, was geringeren Schaden verursacht – oder was auch tolle kreative Werke zustande bringt. Sie sind zwar kindisch, aber nicht doof! Sie sind sogar ausgesprochen intelligent, zu Geniestreichen fähig. Voll mit Power und Begeisterung. Aber halt kindisch. Sie müssen Dinge in die Hand bekommen, mit denen sie sinnvolles und kreatives schaffen. Etwas auf sie zugeschnittenes. Und was das ist, muss jeder für sich herausbekommen, das ist das Ziel. Beschäftige das ADHS-Kind in dir mit dem richtigen Spielzeug… das kann bei mir auch die x-te Fortbildung sein, bei einem anderen ist das vielleicht die Improvisations-Theatergruppe.

Die Affen dürfen auch auf dem Elefanten reiten, aber der karināyaka sollte darauf sein wachsames Auge haben. Die Erdmännchen müssen selbstbewusst geschult werden, dass die Affen viel Geschrei um nichts machen, aber nichts böses wollen. Die Erdmännchen sind halt so, sie wollen Familienzusammenhalt, Homöostase im System, und wenn sie sich nicht an die Oberfläche trauen, weil der Elefant sie dann zusammenstaucht, dann entsteht ein ungesundes Gleichgewicht unter der Oberfläche. Permantente Allostase durch die Erdmännchen macht das System krank. Denn eigentlich bestimmen die Gefühle alles, nicht der Cortex-Elefant. Und dafür muss der Elefant die Affen und die Erdmännchen verstehen, die Erdmännchen die Affen und den Elefanten.

Und der karināyaka, das ist die Selbsterkenntnis.

Das System muss sich selbst durchschauen. Ok, der Mathematiker Goebel hat gesagt, ein System kann sich nie von innen heraus verstehen. Und im Prinzip hat er Recht. Aber hier kann man den Blick von außen drauf werfen. Und man kann sich helfen lassen. Von Freunden, von Therapeuten, von ADHS Coaches, in Selbsthilfegruppen. Aber dafür muss man wissen, dass man eine ADHS hat. Und damit komme ich wieder auf den Ausgangspunkt zurück: Eine Diagnose IST wichtig und entscheidend! Aber das ist ein Thema, das ich an anderer Stelle behandele.

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1 [ Kornak=Mahut: https://de.wikipedia.org/wiki/Mahut] war – das ist der ganz besonderen Menschen in Indien, der ein Leben lang einen Elefanten führt, pflegt und im Sanskrit karināyaka[ Karin (Elefant) náyaka (Führer), so behauptet es https://animalfriends24.de/wilde-tiere/wie-wird-ein-elefantenpfleger-genannt/]

2 [ Obwohl, so ganz stimmt nicht das nicht. Eigentlich habe ich es mir nur verkniffen, weil mir das Geld fehlte und ich mich gerade auf meine Heilpraktikerprüfung vorbereitete und nicht noch parallel für eine echt schwere Flugprüfung lernen konnte. Also sehr vernünftig, was mir echt schwer fiel. Mein karináyaka hat ganze Arbeit geleistet. Aber ich kann dann ja mitfliegen, worauf ich mich schon mega freue! Und vielleicht hole ich das dann ja mal mit Mitte 60 nach…]

Quellen und Nachlesehinweise:

Zu Untersuchung der ADHS Gehirne mit Scan (wiederholen sich jedoch, der erste ist am ausführlichsten):
https://www.googlawi.com/de/blog/mental/a-z/adhd-adult/The-ADHD-vs-Non-ADHD-Brain/
https://adhs-kompakt.de/adhs-was-passiert-im-gehirn/
https://www.praxisvita.de/was-passiert-bei-adhs-im-gehirn-22341.html
Ein nettes, aber etwas unpräzises Gehirnbild hat Herr Dr. Weigl auf seiner Homepage veröffentlicht: https://www.doktorweigl.de/krankheiten/adhs-die-aufmerksamkeitsdefizit-hyperaktivitaetsstoerung-hyperkinetische-stoerungen-4638/

Eine gute Übersicht über ADHS und Sucht gibt:
https://adhs-deutschland.de/begleitstoerungen-sucht/adhs-und-sucht
Wer’s gern so richtig wissenschaftlich hat, der kann sich https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/pdf/10.1055/s-2005-923369.pdf von Martin Ohlmeiner et al. von der Medizinischen Hochschule für Klinische Psychiatrie und Psychotherapie, Hannover, psychoneuro 2005; 31 (11)554, reinziehen.

Zum Thema ADHS im hohen Alter: https://www.adhspedia.de/wiki/ADHS_bei_Senioren

Unterschied Emotion und Gefühl:
Emotion betrifft eine Gemütsbewegung und bezeichnet damit eine psychophysische Bewegtheit, die durch die bewusste oder unbewusste Wahrnehmung eines Ereignisses oder einer Situation ausgelöst wird. Eine Emotion ist verhaltenssteuernd, variiert in der Ausprägung mit der Bedeutsamkeit der Situation, besteht in einer spezifischen körperlichen Aktivierung, die der Situationsanpassung dient, ist verortbar vor allem im limbischen System, wird spürbar vor allem als Muskelaktivität, ist messbar in der Ausschüttung unterschiedlicher Neurotransmitter (Serotonin, Adrenalin, Oxytocin usw.), kann bewusst wahrgenommen werden und, im Unterschied zum Affekt, beeinflusst werden. (Wikipedia)
Der bekannte Neurophysiologe Antonio Damasio formuliert es wie folgt: Emotion – da geht es um Aktion und Entscheidung. Sei es Bewegung im klassischen Sinn – also im Sinne von Fortbewegung, sei es im Inneren (innere Organe), sei es durch das Freisetzen von Molekülen (i.d.R. Neurotransmitter). Er nennt Emotionen ein „gut orchestriertes Set von Veränderungen mit dem Ziel, das Leben überlebbar zu machen“. Das beinhaltet das Vermeiden von Gefahren ebenso wie das Ergreifen von Chancen. Hauptsache, man setzt dich in Bewegung.
Die Evolution hat alle Säugetiere mit diesem „Tool“ der Emotionen ausgestattet. Emotionen sind universelle Handlungstreiber. Beispiel: Die Reaktion auf eine Gefahr – also idealerweise die Flucht – läuft biochemisch und auch vom Bewegungsmuster her bei allen Säugetieren gleich ab. Und damit sind sie angeboren und genetisch verankert.
Emotionen sind zunächst unbewusst. Sie sind überlebenswichtig und erfüllen unterschiedliche biologische Nutzen. Während die eben genannte Emotion dazu dient, sin Sicherheit zu bringen, hilft eine andere Emotion dabei, Neues zu beginnen.

Um wieder mit Antonio Damasio zu gehen: „Feelings“ also Gefühle sind ein Porträt dessen, was in einem Organismus abgeht, wenn man z.B. eine Emotion hat. Also die Wahrnehmung des homöostatischen Zustands, die Information über Körper-Spannung, etc… Wo wird dieses Porträt gemalt? Im Gehirn. Und das ist körperlich nicht die gleiche Struktur, wie diejenige, die die Emotion ausgelöst hat.
Die Wissenschaftlerin Lisa Feldmann Barett formuliert: „Feelings, that is your brain trying to make sense of your sensations.“ Gefühle, das ist also zunächst ein Abbild dessen, was in Deinem Körper abgeht und als Zweites eine Interpretation Deines Gehirns dazu. Und hier kommt der entscheidende Schritt: Von unbewusst zu bewusst. Durch die Repräsentation im Gehirn werden die Wahrnehmungen und Emotionen bewusst, bzw. die Repräsentation im Kopf ist die Voraussetzung für Bewusstsein. ( Feldmann Barrett verwendet die beiden Begriffe übrigens genau andersherum, spricht also an dieser Stelle von Emotion, aber biologisch meint sie das Gleiche wie Damasio) (https://wirksam-kommunizieren.de/emotion-und-gefuehl/)

Ich werde zu dem Thema Emotion und Gefühl noch einen Extra-Blogartikel schreiben, denn die Unterscheiden macht einiges klares, was im ADHS Hirn anders läuft: nämlich auf der Emotionsebene, nicht auf der Gefühlsebene.